Alle Halbjahre wieder, droht ein Ende des Abschiebestopps ins Kriegsland Syrien – landesweite Organisationen fordern: „Syrien ist nicht sicher, keine Abschiebungen nach Syrien!“

Wie vor einem halben Jahr soll bei der Innenministerkonferenz, die vom 09. bis 11. Dezember 2020 in Weimar und virtuell stattfindet, über den bestehenden Abschiebestopp nach Syrien entschieden werden. Einige CDU-geführte Bundesländer liebäugeln mit einer Lockerung des Abschiebestopps, ein wichtiges Instrument, das Flüchtlinge aus Syrien Schutz bietet. Wenn es nach den Befürwortern dieser Lockerung ginge, sollten zumindest Straftäter*innen und Gefährder*innen in das Bürgerkriegsland abgeschoben werden.

Folgende Fakten machen deutlich, dass dieser Abschiebestopp nicht in Frage gestellt werden darf, und zwar für alle Menschen aus Syrien:

  • In Syrien tobt seit 2011 ein Krieg, der unzählige Opfer gefordert und mehr als 6,6 Millionen Personen zur Flucht gezwungen hat (Global Trends UNHCR 2020). Das ist weltweit die höchste Zahl an Flüchtlingen, ein trauriger Rekord. Sie alle entfliehen Giftgasangriffen, Bombardierungen – auch von zivilen Einrichtungen, sogar von Krankenhäusern oder Schulen – und der willkürlichen Zerstörung ihres Umfelds.
  • Das Assad-Regime herrscht seit mehreren Jahrzehnten über das Land: Wer das Regime kritisiert, dem droht Verhaftung mit bestialischer Folter, Ermordung oder Verschwindenlassen[1].
  • Seit Beginn des Jahres konzentrieren sich die Kämpfe im Nordwesten des Landes an der Grenze zur Türkei. Laut Malteser International sind allein in der Region um Idlib fast drei Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen[2].
  • In Deutschland befinden sich derzeit ca. 767.296 (Ausländerzentralregister, Stand Juni 2019) Menschen aus Syrien die hier Zuflucht gesucht haben. Auch wenn die Schutzquote hoch ist, leben die Abgelehnten in Angst und Unsicherheit.
  • Rückkehrer* gelten als geflüchtete Oppositionelle oder werden der Desertion verdächtigt und sind bei einer Wiedereinreise in Syrien besonders gefährdet.[3]
  • Die Covid-19 Pandemie hat Syriens Grenzen erreicht und die Zahlen steigen im ganzen Land seit Juli an. Das Land, das vom Krieg gebeutelt ist, kann dieser neuen Krisensituation nicht mehr viel entgegensetzten. Gerade in den Flüchtlingscamps ist die hygienische Lage katastrophal. Wenn Corona eines dieser Lager mit seinen tausenden Bewohner*innen erreicht, wird der Virus nicht mehr zu stoppen sein.

Vor diesem Hintergrund halten wir als AK Asyl – Flüchtlingsrat RLP e.V., Aktiv für Flüchtlinge RLP und Initiativausschuss für Migrationspolitik in RLP eine Aufhebung des zurzeit geltenden Abschiebstopps für unverantwortlich. Wir begrüßen die bisherige Haltung der Landesregierung Rheinland-Pfalz, sich davon zu distanzieren und bitten den Innenminister, sich bei der bevorstehenden Innenministerkonferenz dafür einzusetzen, dass der Abschiebestopp nach Syrien um mindestens ein Jahr verlängert wird.


[1] https://www.amnesty.de/jahresbericht/2019/syrien

[2] https://www.malteser-international.org/de/hilfe-weltweit/naher-osten/syrien/der-buergerkrieg-in-syrien-ein-ueberblick.html

[3] Der Schlepper Nr. 98 09/2020 Seite 11

Keine Abschiebungen während einer Pandemie!

Die unterzeichnenden Organisationen fordern anlässlich der Innenministerkonferenz am 9.-11. Dezember 2020 ein bundesweites Abschiebungsmoratorium. Während der COVID-19-Pandemie sind Abschiebungen nicht zu verantworten.
Die Bundeskanzlerin hat eindringlich dazu aufgerufen, auf überflüssiges Reisen zu verzichten. Das muss auch für Abschiebungen in Staaten, wie zum Beispiel Afghanistan, aber auch Überstellungen im Rahmen der Dublin-III-Verordnung, wie zum Beispiel Italien, gelten. Insbesondere in den Wintermonaten ist in vielen der besonders von der Pandemie betroffenen Länder nicht mit einer schnellen Besserung zu rechnen. Die Unterzeichnenden verweisen auch auf die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes. Abschiebungen sollten mindestens bis April 2021 ausgesetzt werden. Keine Abschiebungen aus oder in Risikogebiete während einer Pandemie!

Der komplette Aufruf sowie die Liste der Unterzeichner*innen können dem Dokument in der Anlage entnommen werden.

Kampagne: Keine Abschiebungen nach Syrien #SyriaNotSafe

Anlässlich der Innenminister*innenkonferenz vom neunten bis elften Dezember 2020 starten wir die Kampagne „Keine Abschiebungen nach Syrien #SyriaNotSafe“. Dort wird unterem anderen der Abschiebestopp nach Syrien, der noch bis Ende dieses Jahres gilt, neu verhandelt. Aktuell fordern vor allem viele CDU- und CSU-Politiker*innen eine Aufhebung des Abschiebestopps nach Syrien, darunter auch Bundesinnenminister Horst Seehofer. Sollte der Abschiebestopp aufgehoben werden, werden Menschen in einen Folterstaat abgeschoben.
Deshalb fordern wir: Keine Abschiebungen nach Syrien. Syrien ist nach wie vor nicht sicher und Abschiebungen dorthin wären menschenunwürdig.

Angelehnt an die #afghanistannotsafe-Kampagne des Bayerischen Flüchtlingsrates und die #SyriaNotSafe-Kampagne von adoptarevolution, haben wir Druckvorlagen für Sticker (DIN A7) und Banner (2m x 1m) sowie Social-Media-Dateien (für Facebook und Instagram) erstellt, die keine Abschiebungen nach Syrien fordern.

Verteilt die Sticker in Eurer Stadt, hängt die Banner zu Euren Fenstern raus und postet die Share-Pics auf Euren Sozialen Medien mit dem Hashtag #SyriaNotSafe. Wir wollen deutlich machen, dass wir gegen Abschiebungen nach Syrien sind, und das sollen so viele Menschen wie möglich wissen!

Die Druckvorlagen sowie die Sharepics können hier entnommen werden: https://fluechtlingsrat-rlp.de/wissenswertes-und-praktisches/archiv

Pressemitteilung zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember

Zum Tag der Menschenrechte verwandelt sich am 10. Dezember der Mainzer Marktplatz mit einer Menschenkette zu einem lebendigen Denkmal. Redebeiträge und Infostände informieren zusätzlich über Menschenrechtsverletzungen. Von 15 bis 18 Uhr könnt ihr gerne (unter Einhaltung der Sicherheitsabstände und mit Maske) vorbeikommen. Die dazugehörige Pressemitteilung ist als Datei angehängt.

Familiennachzug jetzt! Bürgerkrieg in Äthiopien gefährdet eritreische Geflüchtete

Mit einer zweitägigen Kundgebung vom 30.11. bis 01.12.2020 vor dem Bundeskanzleramt will die bundesweite Initiative „Familiennachzug Eritrea“ das Recht auf Familiennachzug für Geflüchtete aus Eritrea einfordern und auf die dramatische Lage der eritreischen Geflüchteten in den Erstzufluchtsländern aufmerksam machen, insbesondere in der äthiopischen Verwaltungsregion Tigray. Dort tobt seit einigen Wochen ein blutiger Bürgerkrieg. PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte unterstützen die Forderung der Geflüchteten nach schnellen und unbürokratischen Visumsverfahren für den Familiennachzug.

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