Pressemitteilung – Integration: Kritik an Abschiebungen nach Afghanistan

Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz

Pressemitteilung

 

Integration

Kritik an Abschiebungen nach Afghanistan – Spiegel fordert vom Bund Einschätzung zur aktuellen Gefahrenlage 

Integrationsministerin Anne Spiegel fordert das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt auf, zeitnah eine Einschätzung zur aktuellen Gefahrenlage in Afghanistan vorzulegen. „Während der Bundesinnenminister die Sicherheitslage in Afghanistan für ausreichend hält, um dorthin abzuschieben, wird Medienberichten zufolge diese Einschätzung nicht einmal von der Arbeitsebene des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge geteilt. Wir sind es den bei uns Schutz suchenden Menschen aus Afghanistan und dem Respekt vor unserem Grundgesetz, das das Recht auf Asyl festschreibt, schuldig, dass wir Asylverfahren ernst nehmen“, fordert Ministerin Anne Spiegel. „Wenn die Sicherheitslage in Afghanistan sich in der Wahrnehmung des Bundesinnenministers ganz anders darstellt als in den täglichen Nachrichtensendungen oder in den Berichten der NGOs vor Ort, so wirft dies Fragen auf, auf die wir Antworten benötigen.“

Mit Blick auf die Innenministerkonferenz (IMK) in Saarbrücken, die sich morgen mit dem Thema der Rückführungen nach Afghanistan befasst, fügt Spiegel hinzu: „Ich bin froh, dass Schleswig-Holstein dieses sensible Thema erneut auf die Tagesordnung der IMK setzen ließ. Denn nach der derzeitigen Faktenlage sehe ich die vom Bundesinnenministerium angestrebten bis zu 12.000 Abschiebungen nach Afghanistan in höchstem Maße kritisch.“

Integrationsministerin Spiegel lehnt außerdem das vor dem Beginn der IMK bekannt gewordene Konzept des baden-württembergischen Innenministers Strobl ab, der generell eine schärfere Abschiebepraxis fordert. Spiegel: „Abschiebungen sind in einem Rechtsstaat nur als äußerstes Mittel zulässig. In Rheinland-Pfalz setzen wir deshalb auf die Beratung zur freiwilligen Rückkehr und sind damit sehr erfolgreich: Neun von zehn Ausreisepflichtige verlassen das Land freiwillig. Dies zeigt deutlich:   Wir brauchen in Deutschland eine humane Rückführungspolitik und keine schärfere Abschiebepraxis.“

Presseerklärung – Tag der Menschenrechte

An der Mahnwache vor dem Integrationsministerium zum Tag der Menschenrechte nahmen 300 Menschen teil, viele davon Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien und den Balkanstaaten.

Menschenrechte müssen für alle gelten! Das fordert der Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz zusammen mit weiteren Flüchtlingsorganisationen von der Landesregierung. Mit einer Mahnwache am 9. Dezember vor dem Integrationsministerium wird die unteilbare Geltung der Menschenrechte eingefordert.

„Anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte (10. Dezember) stehen wir ein für die umfassenden Rechte aller Menschen auf der Flucht“, so die Organisationen. „Wir fordern Gerechtigkeit und Humanität für alle. Dies zu garantieren ist Aufgabe des Staates und seiner Organe“.

 

Die Flüchtlingsinitiativen beklagen, dass ganze Gruppen von Flüchtlingen von Grund- und Menschenrechten ausgeschlossen werden. Die Liste der „sicheren Herkunftsländer“ werde immer länger, obwohl auch in diesen Staaten Menschenrechte verletzt und Menschen verfolgt werden.

 

Kein Ausreisedruck auf Flüchtlinge aus Afghanistan

Wer  wie De Maiziere behauptet, dass  Teile Afghanistans sicher seien und abgelehnte Flüchtlinge dorthin abschieben will, relativiert die Menschenrechte.

Kein Mensch ist im von Krieg und  Terror geprägtem Afghanistan sicher. 

Auch den Rückkehrern, die ohne Abschiebung einreisen, droht Gefahr für Leib und Leben und die Gefahr der Entführung und Erpressung von Lösegeldern.

Von Integrationsministerin Anne Spiegel erwarten wir, dass sie in Rheinland-Pfalz nicht nur Abschiebungen nach Afghanistan aussetzt.

Wir sind in großer Sorge über Berichte, dass in rheinland-pfälzischen Kommunen abgelehnte Flüchtlinge aus Afghanistan massiv unter Druck geraten, „freiwillig“ in ihre Heimat auszureisen zu müssen.  Wir fordern: In Rheinland-Pfalz dürfen Flüchtlinge nicht gezwungen werden, „freiwillig“ auszureisen. Eine solche Praxis ist genauso eine Verletzung der Menschenrechte wie eine Abschiebung.

 

Faire Asylverfahren

Zu lange Wartezeiten in den Asylverfahren, die Ungleichbehandlung und Diskriminierung, der  Ausschluss von Bildung und Integration zermürben viele Flüchtlinge und begrenzen sie in der Wahrnehmung ihrer grundlegenden Menschenrechte.

In den vergangenen Monaten ist das Recht auf Asyl vor allem auch von Menschen aus den so genannten sicheren Herkunftsländern in Gefahr geraten. Es sind uns Fälle bekannt, bei denen Abschiebungen  von Ausländerbehörden schon terminiert waren, bevor die Betroffenen wissen konnten, dass ihr Asylverfahren rechtskräftig abgelehnt ist. Härtefallanträge und eine freiwillige Ausreise werden damit unmöglich gemacht. Es kann nicht sein, dass eine Gerichtsentscheidung vorab elektronisch an die Ausländerbehörde geschickt wird und dann erst per Post  einige Tage später erst an die Betroffenen. Das verstößt gegen jede Grundregel eines fairen Verfahrens!

Wir fordern von Innenministerin Anne Spiegel: Stellen Sie in einem Erlass klar, dass bei negativem Ausgang des Asylverfahrens  die Ausländerbehörden in Rheinland-Pfalz  vor der Terminierung einer Abschiebung die Flüchtlinge  regelmäßig über die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise informieren müssen!

Auch Menschen aus den sogenannten sicheren Herkunftsländern haben ein Recht auf die Wahrung der Menschenrechte, auf faire Asylverfahren und Prüfung humanitärer Abschiebehindernisse durch die rheinland-pfälzischen Behörden.

Wir fordern von der Landesregierung in  Rheinland-Pfalz:

–        Keine Abschiebungen nach Afghanistan – Bleiberecht für alle Afghanen!

–        Kein Ausreisedruck seitens der Behörden auf noch nicht anerkannte und abgelehnte      Flüchtlinge unter dem Deckmantel der freiwilligen Ausreise

–        Achtung der Menschenrechte insbesondere bei Ausreisepflichtigen aus den so genannten sicheren Herkunftsstaaten

–        Schule für alle – das Grundrecht auf Bildung muss für alle Flüchtlinge von Anfang an gelten