Pressemitteilung Nr. 32/2016 – Schutzstatus syrischer Flüchtlinge: Entscheidungspraxis des BAMF bestätigt

Flüchtlingen, die unverfolgt aus Syrien ausgereist sind, droht allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Auslandsaufenthalt ohne individuelle besondere Umstände keine politische Verfolgung durch den syrischen Staat. Ihnen ist daher nicht der umfassende Schutzstatus eines Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern nur der sogenannte subsidiäre Schutz vor den Gefahren des Bürgerkriegs zuzuerkennen. Dies entschied heute das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz nach einer mündlichen Verhandlung in drei Berufungsverfahren.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte den Klägern jeweils subsidiären Schutz gewährt. Diesen sieht das Gesetz für den Fall vor, dass dem Betroffenen in seinem Herkunftsland ernsthafter Schaden droht – insbesondere die Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder die Verletzung von Leib oder Leben im Rahmen eines bewaffneten Konflikts wie etwa eines Bürgerkrieges. Rechtsfolge ist ein Abschiebungsschutz für die Dauer von zunächst einem Jahr; bei Fortdauer der Gefährdung muss dieser verlängert werden. Die Gewährung des vollen Flüchtlingsstatus im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, der eine Verfolgung wegen bestimmter Merkmale – Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe – voraussetzt und einen dreijährigen Abschiebungsschutz sowie das Recht auf Familiennachzug zur Folge hat, hatte das Bundesamt hingegen abgelehnt, weil derartige besondere Verfolgungsgründe nicht gegeben seien.
Auf die Klagen der Asylbewerber hin verpflichtete das Verwaltungsgericht Trier das Bundesamt, den Klägern umfassenden Flüchtlingsschutz zu gewähren, weil diesen bei einer Rückkehr nach Syrien bereits allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Auslandsaufenthalt Verfolgung durch den syrischen Staat drohe – und zwar wegen einer vermuteten Einstellung gegen das dort herrschende Regime als politischer Überzeugung.
Auf die Berufung des Bundesamtes wies das Oberverwaltungsgericht die Klagen hingegen ab. Der Vorsitzende des 1. Senats des Oberverwaltungsgerichts führte in der mündlichen Urteilsbegründung aus, die dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel böten keine ausreichende Grundlage für die Annahme, dass allein illegale Ausreise, Asylantragstellung und längerer Auslandsaufenthalt zur beachtlich wahrscheinlichen Gefahr einer Verfolgung aus politischen Gründen im Falle einer – wegen des gewährten subsidiären Schutzes allerdings nur fiktiven – Rückkehr nach Syrien führten. Insbesondere die massenhafte Ausreise aus Syrien seit Beginn des Bürgerkrieges spreche gegen eine solche Annahme.
Auch die Wehrdienstentziehung und die Herkunft aus der Region Homs gäben keine Veranlassung für eine abweichende Beurteilung. Besondere individuelle Umstände sind von den Klägern nicht glaubhaft gemacht worden.
Aktenzeichen: 1 A 10918/16.OVG, 1 A 10920/16.OVG und 1 A 10922/16.OVG

Pressemitteilung – Integration: Kritik an Abschiebungen nach Afghanistan

Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz

Pressemitteilung

 

Integration

Kritik an Abschiebungen nach Afghanistan – Spiegel fordert vom Bund Einschätzung zur aktuellen Gefahrenlage 

Integrationsministerin Anne Spiegel fordert das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt auf, zeitnah eine Einschätzung zur aktuellen Gefahrenlage in Afghanistan vorzulegen. „Während der Bundesinnenminister die Sicherheitslage in Afghanistan für ausreichend hält, um dorthin abzuschieben, wird Medienberichten zufolge diese Einschätzung nicht einmal von der Arbeitsebene des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge geteilt. Wir sind es den bei uns Schutz suchenden Menschen aus Afghanistan und dem Respekt vor unserem Grundgesetz, das das Recht auf Asyl festschreibt, schuldig, dass wir Asylverfahren ernst nehmen“, fordert Ministerin Anne Spiegel. „Wenn die Sicherheitslage in Afghanistan sich in der Wahrnehmung des Bundesinnenministers ganz anders darstellt als in den täglichen Nachrichtensendungen oder in den Berichten der NGOs vor Ort, so wirft dies Fragen auf, auf die wir Antworten benötigen.“

Mit Blick auf die Innenministerkonferenz (IMK) in Saarbrücken, die sich morgen mit dem Thema der Rückführungen nach Afghanistan befasst, fügt Spiegel hinzu: „Ich bin froh, dass Schleswig-Holstein dieses sensible Thema erneut auf die Tagesordnung der IMK setzen ließ. Denn nach der derzeitigen Faktenlage sehe ich die vom Bundesinnenministerium angestrebten bis zu 12.000 Abschiebungen nach Afghanistan in höchstem Maße kritisch.“

Integrationsministerin Spiegel lehnt außerdem das vor dem Beginn der IMK bekannt gewordene Konzept des baden-württembergischen Innenministers Strobl ab, der generell eine schärfere Abschiebepraxis fordert. Spiegel: „Abschiebungen sind in einem Rechtsstaat nur als äußerstes Mittel zulässig. In Rheinland-Pfalz setzen wir deshalb auf die Beratung zur freiwilligen Rückkehr und sind damit sehr erfolgreich: Neun von zehn Ausreisepflichtige verlassen das Land freiwillig. Dies zeigt deutlich:   Wir brauchen in Deutschland eine humane Rückführungspolitik und keine schärfere Abschiebepraxis.“