30. November 2022 – Zur IMK fordern der Flüchtlingsrat und der Initiativausschuss von Innnenminister Ebling Einsatz für einen humane Flüchtlingspolitik

Der Flüchtlingsrat RLP e.V. und der Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz rufen Innenminister Michael Ebling dazu auf, sich bei der bevorstehenden Innenministerkonferenz (IMK) vom 30. November bis 2. Dezember 2022 für eine humane Flüchtlingspolitik einzusetzen.

Der Flüchtlingsrat und der Initiativausschuss haben es sehr begrüßt, dass die rheinland-pfälzische Landesregierung angesichts der brutalen Gewalt des iranischen Regimes gegen Demons-trant*innen schon am 11. Oktober 2022 einen dreimonatigen Abschiebestopp in den Iran beschlossen hat. Wenn die derzeitigen Abschiebestopps der Länder ablaufen, droht geduldeten Iraner*innen aber erneut Aufenthaltsunsicherheit. Auch wenn immer weniger Bilder aus dem Iran zu uns dringen, ist die Lage unverändert dramatisch. Rückführungen in den Iran sind daher aus menschenrechtlicher Perspektive auf unabsehbare Zeit nicht vertretbar. Dem muss durch einen zunächst sechsmonatigen bundesweiten Abschiebestopp Rechnung getragen werden. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass Iraner*innen nicht durch Dublin-Überstellungen in einen anderen EU-Mitgliedstaat der Gefahr einer Kettenabschiebung in den Iran ausgesetzt werden.

Pierrette Onangolo, die Geschäftsführerin des Flüchtlingsrat RLP e.V. verdeutlicht: „In der derzeitigen Lage sind Abschiebungen in den Iran absolut unverantwortlich. Bei der IMK muss jetzt ein bundesweiter Abschiebestopp beschlossen werden. Dieser Abschiebestopp darf keine Ausnahmen machen, denn die Situation im Iran ist für alle Zivilist:innen zu gefährlich.“

Neben der Verlängerung des Abschiebestopps ist zwingend notwendig, dass die aktuelle Lage im Iran umgehend Eingang in die Bewertung der asyl- und abschieberelevante Situation und damit die Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) findet:

Das BAMF hat durch seine restriktive Entscheidungspraxis in den letzten Jahren wesentlich zu der nicht unerheblichen Anzahl an iranischen Geduldeten in Deutschland und Rheinland-Pfalz beigetragen. Das Auswärtige Amt muss die aktuelle Lage im Iran schnellstmöglich neu bewerten, da dessen Lagebewertungen als wesentliche Entscheidungsgrundlage vom BAMF herangezogen wird.“, so Torsten Jäger, der Geschäftsführer des Initiativausschusses.

Daneben machen die menschenrechtlich dramatischen Entwicklungen in Afghanistan seit der Machtübernahme der Taliban und die fortgesetzt aufenthaltsrechtlich prekäre Situation der bundesweit ca. 30.000 geduldeten Afghan*innen einen Beschluss der IMK nach Ansicht der beiden Organisationen unbedingt erforderlich. Mehr als ein Jahr ist vergangen, seitdem klargeworden ist, dass Rückführungen nach Afghanistan auf unabsehbare Zeit nicht möglich sein werden. Dieser Tatsache muss durch pragmatische und realitätsnahe Aufenthaltsperspektiven für geduldete Afghan*innen Rechnung getragen werden.

Menschen, die mangels Rückkehroption dauerhaft in Deutschland bleiben werden, im mit vielen Einschränkungen verbundenen Status der Duldung festzuhalten ist in niemandes Interesse: nicht im Interesse der Betroffenen; nicht im Interesse der ohnehin stark belasteten Ausländerbehörden; nicht im Interesse von Arbeitgeber*innen, die dringend Mitarbeitende brauchen, aber vor der Anstellung von Menschen ohne gesicherten Aufenthalt zurückschrecken. Im Gegenteil: Alle würden profitieren, wenn die Betroffenen endlich eine wirkliche Perspektive in Deutschland erhielten.

Aus humanitären Gründen, aber auch mit Blick auf den stetig zunehmenden Mangel an Fachkräften und unter Berücksichtigung entwicklungspolitischer Erwägungen appellieren Flüchtlingsrat RLP und Initiativausschuss zudem an Innenminister Ebling, sich bei seinen Amtskolleg*innen für einen gesicherten Aufenthalt für aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtete internationale Studierende einzusetzen. Ihnen muss endlich – wie zu Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine u.a. von Bundesinnenministerin Faeser in Aussicht gestellt – die Gelegenheit gegeben werden, sich ohne Ausreisedruck um die Fortsetzung ihres Studiums an einer deutschen Hochschule zu bemühen.

Torsten Jäger vom Initiativausschuss führt aus: Die schmalen und wackeligen Behelfsbrücken einzelner Bundesländer wie z.B. Hamburg, Berlin und Nordrein-Westfalen auf Landesebene in allen Ehren: Es braucht dringend eine verlässliche und bundeseinheitliche Regelung. Denn die Betroffenen sind vor den gleichen Bomben geflohen wie Ukrainer*innen und auch ihre Lebensplanung wurde zerstört. Sie haben ein Anrecht darauf, hier in Sicherheit und Würde Schutz zu finden und sich neu zu orientieren.

Deshalb fordern wir:

  • einen bundesweiten Abschiebestopp in den Iran für alle aus dem Iran Geflohenen;
  • eine Aktualisierung des „Lagebericht Iran“ durch das Auswärtige Amt;
  • die Schaffung einer realistischen Aufenthaltsperspektive für in Deutschland lediglich geduldete Afghan*innen;
  • die Schaffung einer bundesweiten aufenthaltsrechtlichen Lösung für aus der Ukraine geflohene drittstaatsangehörige Studierende, die ihnen die (Vorbereitung der) Fortsetzung ihres Studiums an einer deutschen Hochschule ermöglicht.