Aufruf zum Internationalen Tag der Familie:Familien gehören zusammen!

Konflikte, Menschenrechtsverletzungen und Verfolgung zwingen Menschen weltweit zur Flucht. Oft werden Familien dabei auseinandergerissen. Während ein Teil der Familie bereits in Deutschland Schutz finden kann, bleiben Familienmitglieder in Konfliktgebieten oder Flüchtlingslagern auf der Fluchtroute zurück. Eine Rückkehr ist aufgrund der politischen oder humanitären Lage meist unmöglich. Damit bleibt der Familiennachzug nach Deutschland oft die einzige Möglichkeit, wieder in Sicherheit zusammenzuleben.

Der Wert von Familie sowie der Schutz und die Förderung von Kindern gehören zum Fundament unserer Gesellschaft. Auch das Völkerrecht (v.a. Art. 8 EMRK, Art. 3, 10 UN-KRK), das europäische Grundrecht (Art. 7, 24 Abs. 2 GRCh) und das deutsche Grundgesetz (Art. 6 GG) schützen das Recht auf Familie und die vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls. Familiennachzug ist eine planbare, integrationsfördernde und rechtssichere Möglichkeit, um Schutzsuchende aus Kriegs- und Krisengebieten aufzunehmen. Das Vorhaben, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte auszusetzen, stellt einen migrations- und integrationspolitischen Rückschritt dar. Schon nach den aktuellen Regelungen ist der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten auf 12.000 Personen im Jahr stark begrenzt. Ein Aussetzen hätte einen erheblichen menschlichen Preis, jedoch keine signifikanten Auswirkungen auf die Auslastung der Kommunen. Die Erfahrungen seit der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte nach 2016 zeigen zudem: Einschränkungen oder gar die Aussetzung entlasten weder Gerichte noch Behörden, sondern führen zu erheblicher Mehrbelastung durch unzählige Eilverfahren und Verfahren zur Aufnahme im Einzelfall.
Die Aussetzung des Familiennachzugs führt zu langjährigen und schmerzhaften Trennungen von Familienmitgliedern. Die Trennung von den Eltern und Geschwistern kann bei Kindern erhebliche psychische Belastungen und Traumata verursachen, die langfristige Auswirkungen auf sie und das Familiengefüge nach sich ziehen können. Vom Aussetzen des Familiennachzugs wären insbesondere Frauen und Kinder betroffen, die allein in Konfliktregionen zurückbleiben oder sich auf gefährliche Fluchtrouten begeben müssten.

Statt den Familiennachzug einzuschränken, sollte die Bundesregierung die nächste Legislaturperiode nutzen, um den Familiennachzug effizienter zu gestalten:

Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten erhalten: Personen mit subsidiärem Schutzstatus sollten im Hinblick auf den Familiennachzug den Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt werden, da auch bei ihnen regelmäßig eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit vorliegt und die Differenzierung beim Familiennachzug weder mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 14 i. V. m. Art. 8 EMRK) noch mit dem Recht auf Achtung des Familienlebens (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK) in
Einklang steht.

  • Verfahren verbessern: Die Bundesregierung sollte das Recht auf Familiennachzug
    effektiver gestalten. Dazu gehört eine Verbesserung und mehr Transparenz der
    Verfahren, insbesondere die Verkürzung von Wartezeiten an den Auslandsvertretungen
    und eine digitale Antragstellung, gerade dort, wo die Anreise zur zuständigen
    Auslandsvertretung Sicherheitsrisiken mit sich bringt. Ein transparenteres Verfahren und
    das Absehen von Sprachzertifikaten vor der Einreise kann auch die Behörden in
    Deutschland sowie die Auslandsvertretungen entlasten.
  • Minderjährige Geschwister nicht zurücklassen: Das Nachzugsrecht sollte auch
    minderjährige Geschwister umfassen. Derzeit sind sie beim Familiennachzug mit hohen
    Hürden konfrontiert. Eine Anpassung der Regelungen würde sicherstellen, dass Familien
    nicht zwischen ihren Kindern wählen müssen und der Familiennachzug für alle erleichtert
    wird.
  • Besonders schutzbedürftige Familien schützen: Für Familien mit besonders
    vulnerablen Mitgliedern, etwa mit einer Behinderung, stellen der Familiennachzug und
    andere sichere Zugangswege oft die einzige realistische Möglichkeit dar, gemeinsam
    Schutz zu finden. Eine Flucht über gefährliche Routen ist für sie in der Regel keine Option.
    Bei Menschen mit Behinderungen, besonders Kindern, müssen daher die besonderen
    Schutzgarantien der UN-Kinderrechtskonvention und der UNBehindertenrechtskonvention
    ernst genommen und uneingeschränkt berücksichtigt
    werden (vgl. Art. 23 UN-KRK, Art. 7 UN-BRK).

Der Appell wurde initiiert von International Rescue Committee (IRC) Deutschland, Save the
Children Deutschland und Terre des Hommes.

Mitzeichnende Organisationen:
Amnesty International Deutschland e.V.

AWO Bezirksverband Niederrhein e.V.

AWO Bundesverband e.V.

AWO NRW – Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt NRW

BAfF e.V. – Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und
Folteropfer

Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS)

Bundesfachverband Minderjährigkeit und Flucht (BuMF) e.V.

Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. (KOK)

Der Paritätische Gesamtverband

Deutscher Caritasverband e.V.

Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Diakonie Deutschland

Die Sputniks e.V. – Vereinigung russischsprachiger Familien mit Kindern mit Beeinträchtigungen in Deutschland

ECPAT Deutschland e.V.

Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz e.V.

Handicap International e.V.

International Refugee Assistance Project (IRAP Europe)

JUMEN e.V. – Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland Kindernothilfe e.V.

LIGA – Leininger Initiative Gegen Ausländerfeindlichkeit Medizinische

Flüchtlingshilfe Bochum e.V.

MINA – Leben in Vielfalt e.V.

Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention – National Coalition Deutschland

Neue Richter*innenvereinigung (NRV)

Plan International Deutschland PRO ASYL Bundesarbeitsgemeinschaft Shahrzad e.V.

Verein für gehörlose Geflüchtete und Migrantinnen

Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.

Zentrum ÜBERLEBEN

Zukunftsforum Familie e.V.