Abschiebung und Tischfestnahmen in RLP: Von wegen „freiwillige“ Ausreise geht vor Abschiebung! – Pressemitteilung zur Abschiebung von Dadash H.

Im Juni berichtete der Flüchtlingsrat RLP bereits über die tragische Familientrennung und
Abschiebung von Mutter und einem Sohn nach Aserbaidschan (siehe PM vom 03.07.2025).
Gestern nun wurde überraschend auch der zweite Sohn, Dadash, nach Aserbaidschan abgeschoben unter der Vorgabe falscher Tatsachen; eine Praxis, die in rheinland-pfälzischen Kommunen immer häufiger wird und skandalös ist (siehe SWR-Bericht vom Mai 2025 Vermeintlicher Behördentermin endet mit Abschiebehaft – SWR Aktuell).

Dadash wartete gerade auf seinen Pass, mit dem er freiwillig in die Ukraine ausreisen wollte. Die Ausländerbehörde Landau wusste davon. Dadash wurde von der Behörde verpflichtet, drei Mal in der Woche zur Verlängerung der Duldung vorzusprechen, so auch am 19.11. An dem Tag wurde er gebeten, einen Tag später noch einmal zu kommen, um die Duldung abzuholen. Was er nicht ahnte, im Nebenzimmer wartete der Vollzugsdienst bereits auf ihn. Janika Zickler, eine Freundin von Dadash, die ihn regelmäßig zu den Behördenterminen begleitete, ist entsetzt. „Die Mitarbeiterin der Ausländerbehörde sagte uns noch einen Tag vor der Abschiebung mündlich zu, die Duldung werde verlängert. Es kann doch nicht sein, dass Behörden die Menschen so anlügen dürfen.“

Dadash hielt sich seit seinem 15. Lebensjahr mit seiner Familie in der Ukraine auf. Die Familie war aufgrund der politischen Aktivitäten des Vaters im Jahr 2010 von Aserbaidschan in die Ukraine geflüchtet. in Folge des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine ist Rustam 2022 nach Deutschland geflohen. Da er kein Drittstaatsangehöriger ist, erhielt er keine Aufenthaltserlaubnis nach §24 AufenthG, wie andere Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Er stellte einen Asylantrag, der im Oktober 2024 abgelehnt wurde. Ein Antrag bei der Härtefallkommission wurde als nicht zulässig deklariert und kam nicht zur Beratung. Die Ehe mit seiner Frau, die in Deutschland ein Bleiberecht hat, wurde von den Behörden nicht anerkannt.In Landau hatte er sich gemeinsam mit seiner Frau eine Existenz aufgebaut: Er ging einer Beschäftigung als Produktionshelfer nach, hat Deutsch gelernt und trotz schmerzlicher Erinnerungen an die Kriegsereignisse in Charkiw versucht, ein normales Leben zu führen.

Im Januar 2025 wurde Dadash ausreisepflichtig und ihm damit die Arbeitserlaubnis entzogen. Statt in ein autoritär geführtes Land auszureisen, was er nicht kennt, entschied er sich für eine freiwillige Rückkehr in die kriegsgebeutelte Ukraine. Er unternahm alles, was für die Vorbereitung der freiwilligen Ausreise nötig war. Seit Februar 2025 stand er in Kontakt mit der aserbaidschanischen Botschaft, um einen Reisepass zu beantragen. Allerdings stellen die aserbaidschanischen Behörden keine Pässe an Staatsangehörige aus, die unter 30 Jahren sind und keinen Wehrdienst in Aserbaidschan geleistet haben. Nächste Woche wird Dadash 30 Jahre alt und wäre damit nicht mehr wehrdienstpflichtig. Aus diesem Grund erhielt er von der Botschaft einen Termin zur Passbeantragung am 3. Dezember. Den Pass hätte er drei bis vier Wochen später bekommen und wäre damit freiwillig in die Ukraine ausgereist.
Doch die Ausländerbehörde Landau, der die Hintergründe bekannt waren, hatte einen anderen
perfiden Plan: Wenige Tage vor seinem 30. Geburtstag vollzog sie unter der Vorgabe falscher
Tatsachen die Abschiebung nach Aserbaidschan und zwang ihn somit in den Militärdienst. Der Wille zur freiwilligen Ausreise wurde einfach übergangen.

Seine Frau äußert sich bestürzt: „Den gestrigen Tag werde ich niemals vergessen. Man hat mir den Menschen weggenommen und abgeschoben, der für mich alles war: mein Zuhause, mein Vater, meine Mutter, mein Bruder, meine Schwester, mein bester Freund und mein Ehemann. Die Ausländerbehörde hat unsere Familie zerstört und uns in Stücke gerissen. Wir haben in Deutschland nur Schutz gesucht. Wir haben uns bemüht. Wir saßen nicht einfach nur da. Wir haben gemeinsam gelernt zu gehen – wie ein kleines Kind –, wir haben die Sprache gelernt, wir haben gearbeitet. Und selbst als man mit Füßen auf uns getreten hat, haben wir nicht aufgegeben. Solchen Schmerz wünsche ich niemandem – nicht einmal meinem Feind.“

Nina Gartenbach vom Flüchtlingsrat RLP e.V. ist nicht überrascht: „Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie wenig Menschlichkeit in der Abschiebepolitik des Landes zu finden ist – bzw. wie wenig politischen Willen es gibt, diese Praxen der Ausländerbehörden zu unterbinden. Menschen anzulügen, um sie zur Behörde zu locken und dann abzuschieben ist einfach widerlich und skandalös.“