Flüchtlingsrat, Initiativausschuss und Diakonie RLP:
„Nein zur Abschiebung in Gewalt, Pandemie und Hungersnot!“
Während die Bundesregierung eindringlich dafür plädiert, Reisen und Kontakte wegen der COVID-19 Pandemie weitgehend zu beschränken, plant das Bundesinnenministerium die nächste Sammelabschiebung nach Afghanistan. Sie soll nach derzeit vorliegenden Erkenntnissen am 16. Dezember 2020 stattfinden. Auch Rheinland-Pfalz hat sich in der Vergangenheit immer wieder an diesen Abschiebungen beteiligt. Es steht zu befürchten, dass sich auch im nächsten Flugzeug wieder abgelehnte Asylsuchende aus Rheinland-Pfalz befinden.
Der AK Asyl – Flüchtlingsrat RLP e.V., der Initiativausschuss für Migrationspolitik in RLP und die Diakonie in RLP sprechen sich entschieden gegen Abschiebungen nach Afghanistan aus.
„Sowohl die politische als auch die wirtschaftliche Lage in Afghanistan sind katastrophal“, so Albrecht Bähr, Sprecher der Diakonie in Rheinland-Pfalz. „Hinzu kommen nun noch die Auswirkungen der zweiten Pandemiewelle, die das Land fest im Griff hat“, so Bähr weiter.
Das interessiert aber weder den zuständigen Bundesinnenminister, noch sieht sich das hiesige Integrationsministerium in der Lage, auf Abschiebungen nach Afghanistan zu verzichten.
„Das Handeln der staatlichen Stellen ist völlig inakzeptabel, wenn man einen Blick auf die Lage vor Ort wirft“, sagt die Geschäftsführerin des AK Asyl – Flüchtlingsrat RLP e.V., Pierrette Onangolo. „Wenn der Bundesinnenminister schon den Berichten von UNO- und Menschenrechtsorganisationen keinen Glauben schenken will, soll er wenigstens auf das hören, was die Parteistiftung seiner Schwesterpartei sagt: Die Repräsentantin der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kabul hat kürzlich auf die sich derzeit im Land ausbereitende Hungersnot hingewiesen, die gepaart mit der massiven und ansteigenden Gewalt zu massenhafter Vertreibung innerhalb des Landes und zu Fluchtbewegungen ins Ausland führt. [1]“
„In diese Situation hinein meinen nun Verantwortliche in Bund und Ländern, Menschen abschieben zu müssen. Das ist zynisch“, konstatiert der Geschäftsführer des Initiativausschusses für Migrationspolitik in RLP, Torsten Jäger. Er weist darauf hin, dass die im November geplante Abschiebung aufgrund einer dringenden Bitte der afghanischen Regierung noch kurzfristig abgesagt wurde. „Seitdem hat sich im Land nichts zum Besseren verändert. Wenn jetzt tatsächlich abgeschoben wird, steht der Verdacht im Raum, dass bei der Afghanistan-Geberkonferenz Ende November in Genf weitere Hilfszahlungen vom ‚Abschiebe-Wohlverhalten‘ der afghanischen Regierung abhängig gemacht wurden.“
Statt die Menschen, die aus Afghanistan geflohen sind, hier bei der Integration zu unterstützen, schüren fast flächendeckende, ablehnende Bescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die im Raume stehenden Abschiebungen Angst und Schrecken bei allen afghanischen Flüchtlingen in Deutschland und in Rheinland-Pfalz.
Allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres haben die Verwaltungsgerichte bundesweit insgesamt 5.644 ablehnende Asylentscheidungen des BAMF für afghanische Flüchtlinge (59,1 Prozent aller inhaltlich entschiedenen Klagen) aufgehoben. Ziel der restriktiven Entscheidungen des BAMF ist es offensichtlich auch, den Menschen, die in Afghanistan ums alltägliche Überleben kämpfen, zu signalisieren: egal was bei Euch auch passiert, hier seid ihr nicht willkommen!
„Das ist der völlig falsche Ansatz und wird uns bei der Bewältigung der Herausforderungen auch nicht weiterhelfen“, resümiert Albrecht Bähr.
Der AK Asyl – Flüchtlingsrat RLP e.V., der Initiativausschuss für Migrationspolitik in RLP und die Diakonie in RLP fordern Integrationsministerin Spiegel deshalb dazu auf, derzeit von Abschiebungen nach Afghanistan abzusehen und vielmehr – am besten gemeinsam mit anderen Bundesländern – einen generellen Abschiebungsstopp zu erlassen.
gez.
- Torsten Jäger, Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz
- Pierrette Onangolo, AK Asyl – Flüchtlingsrat RLP e.V.
- Pfarrer Albrecht Bähr, Diakonie in RLP