Deutschland braucht ein gerechtes Staatsbürgerschafts-, Einbürgerungs- und Wahlrecht!

Pressemitteilung vom 27. Februar 2023

Deutschland braucht ein gerechtes Staatsbürgerschafts-, Einbürgerungs- und Wahlrecht!

Das Bündnis „Pass(t) Uns Allen” verschickt Offenen Brief mit über 100 Unterstützerinnen aus Wissenschaft, Kultur und Bildung an Regierung und Opposition

Heute hat das bundesweite Bündnis Pass(t) uns allen, bestehend aus über 40 migrantischen und rassismuskritischen Organisationen, einen Offenen Brief an Regierungs- und Oppositionspolitikerinnen verschickt. Darin appellieren wir, die aktuell geplanten Reformen des Staatsangehörigkeits- und des Wahlrechts dazu zu nutzen, volle politische und gesellschaftliche Teilhabe für alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, zu ermöglichen.
Wir fordern:

● die Einführung eines uneingeschränkten ius soli, d.h alle in Deutschland geborenen Kinder erhalten die deutsche Staatsangehörigkeit – unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Aufenthaltsstatus der Eltern;

● die Möglichkeit, mehrfache Staatsangehörigkeiten zu besitzen;

● das Recht auf eine unbürokratische und kostenlose Einbürgerung für alle Menschen, die seit mindestens drei Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben;

● das aktive und passive Wahlrecht auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sowie für die Wahlen zum EU-Parlament für alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt seit mindestens drei Jahren in Deutschland haben.

Unterstützt werden wir dabei von über 100 namhaften Personen und Organisationen aus Wissenschaft, Kultur, Bildung und Zivilgesellschaft.

Wer die Kampagne noch unterstützen möchte, kann hier die Petition unterzeichnen.

Statements aus dem Bündnis:
„Ich sage immer: Andere Leute haben eine Karriereleiter, und bei uns ist das wirklich ein bisschen so eine Aufenthaltsleiter. Man klettert da hoch, und dann gibt es die Duldung, dann gibt es Asyl, Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis. Und irgendwann schafft man es da hoch.“ Christiana Bukalo – Social Change Maker, Speakerin & Co-Gründerin, Statefree e.V.

„Uns ging und geht es nicht darum, „integrierte“, gut ausgebildete, brauchbare Jugendliche zu werden, sondern darum, dass alle Menschen, die hier leben, ein Bleiberecht bekommen – egal, ob sie für diese kapitalistische Gesellschaft brauchbar oder ob sie alt oder krank sind oder kein Deutsch können, weil sie jahrelang in Lagern gelebt haben”. Mohammed Jouni, Mit-Gründer von Jugendliche ohne Grenzen

„Bis heute werden in Deutschland geborene junge Roma in die Länder abgeschoben, aus denen ihre Eltern geflohen sind. Sie werden zu Staatenlosen in Ländern, die sie gar nicht kennen und wo sie keine Zukunft haben. Deutschland hat eine historische Verpflichtung gegenüber Roma. Ein modernes Einbürgerungsrecht wäre ein Schritt in die richtige Richtung”. Bundes Roma Verband

„Im Koalitionsvertrag wurden einige Dinge vereinbart, die Deutschland endlich zu einem modernen Einwanderungsland machen könnten und es ist gut, wenn diese Dinge nun endlich auch zur Umsetzung kommen. Ich begrüße ausdrücklich die absolut überfälligen Erleichterungen für die Menschen der ersten Gastarbeiterinnengeneration, die mit ihrer Arbeitskraft geholfen haben, dieses Land zu dem zu machen, was es heute ist. Diesen Menschen auf dem Weg zur vollen Teilhabe endlich keine Hürden mehr in den Weg zu stellen, ist ein überfälliger Akt der Wertschätzung.” Gökay Sofuoğlu, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland

„Nachdem mein Vater 1968 als sogenannter „Gastarbeiter“ nach Deutschland geholt und ich 1977 hier geboren wurde, darf ich immer noch nicht hier wählen. Ich bin Deutscher, ich werde niemals in “die Heimat” zurückkehren, denn ich bin schon längst da.” Miman Jasarovski, Aktivist und Protagonist von FROM HERE, Mit-Initiator der Kampagne “Pass(t) uns allen”.

„Eine zentrale Möglichkeit in einer Demokratie ist das aktive und passive Wahlrecht und das wiederum ist abhängig von der Staatsbürger:innenschaft. Demzufolge gilt es das Staatsbürgerschafts-, Einbürgerungsrecht den Anforderungen einer offenen Gesellschaft nach zu ändern”. Tahir Della – Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V.

„Unbürokratische Einbürgerung, Anerkennung von Staatsbürgerschaft bei Geburt und auch Wahlrecht ohne deutsche Staatsangehörigkeit ist der Ausdruck einer modernen Demokratie!” Magdalena Benavente – Migrationsrat Berlin e.V.

„Aus eigener Erfahrung als sogenannte „Aussiedlerin“, die knapp ein Jahr nach ihrer Ankunft in Deutschland eingebürgert wurde, weiß ich, dass eine andere Einbürgerungspraxis möglich ist! Die Umsetzung unserer Forderungen ist überfällig. Seit Jahrzehnten kämpfen Migrantinnen und solidarische Menschen für die Gleichbehandlung aller, die in Deutschland leben. Es wird Zeit, dass sie endlich Realität wird”. Olga Gerstenberger, Politikwissenschaftlerin und Impact Producerin von FROM HERE, Mit-Initiatorin der Kampagne “Pass(t) uns allen”

„Ständig wird von der Integrationswilligkeit von hierher migrierten
Menschen gesprochen, aber klare Signale von uns als Land kommen nicht. Erst
durch demokratische Teilhabe, wie durch das uneingeschränkte Wahlrecht und
Erhalt der Staatsbürgerschaft, können die Menschen hier ankommen und sich so
willkommen fühlen, damit sie sich als Teil des Ganzen sehen. Ich war neun
Monate alt, als wir nach Berlin kamen, doch mitwählen durfte ich erst mit 23
Jahren. Der Willkür bei der Einbürgerung durch Sachbearbeiterinnen muss ein Riegel vorgeschoben werden durch gesetzlich verankerte Rechte”.
Siaywash Jekta, Projektmanager und im Vorstand von With Wings and Roots e.V.

„Wahlrecht für alle. Demokratie ist das Herz unserer Gesellschaft“. Sanaz Azimipour, Aktivistin, Autorin und Mitgründerin der Kampagne »Nicht ohne Uns 14 Prozent

„Seit 25 Jahren sind Bürgerinnen mit ausländischem Pass (EU) kommunal gleichberechtigte Wählerinnen und Stadträte. Die Zeit ist überreif für gleiche demokratische Rechte für Alle.“ Elisa Calzolari, MigraNetz Thüringen & Netzwerk WIR WÄHLEN

„Menschen ohne staatsbürgerliche Rechte leben im permanenten Ausnahmezustand. Sie werden durch den Staat zu Menschen zweiter Klasse degradiert. Ohne grundlegende Rechte müssen viele Betroffene sich ein Leben lang gegen strukturellen und institutionellen Rassismus behaupten. Solange Deutschland insbesondere Migrantinnen und geflüchteten Menschen aus ehemals kolonialisierten Gesellschaften dauerhaft die Staatsbürgerschaft und das Wahlrecht verweigert, ist diese Gesellschaft weder dekolonialisiert noch wirklich anti-rassistisch und demokratisch.” Dr. Kien Nghi Ha, Kulturwissenschaftler und Autor, Mitglied von korientation – Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven e.V.

„Insbesondere in einer Zeit, in der islamfeindliche, flüchtlingsfeindliche und rassistische Aktivitäten zugenommen haben und immer mehr Zuspruch und Zulauf aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft erhalten, sollten Menschen, die von Diskriminierung und Rassismus betroffen sind, die Möglichkeit haben, das Land, in dem sie leben, in dem sie Steuern zahlen, in dem ihre Kinder zur Schule gehen, politisch mitzugestalten.“ Ayşe Demir, Vorstandssprecherin Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg (TBB)

Die Kampagnen der CDU in den 2000er Jahren gegen die doppelte Staatsangehörigkeit waren für junge Menschen meiner Generation – der Nachkommen von Migrantinnen – eine Machtdemonstration, um das überkommene nationale „Wir“ künstlich am Leben zu halten und ohnehin stigmatisierte soziale Gruppen von der Einbürgerung auszuschließen. Diese rassistischen Kampagnen werden aktuell mit Äußerungen der CDU-Abgeordneten zu Loyalitätsfragen fortgesetzt. Dominante Wirklichkeitskonstruktionen schließen zahlreiche Lebensentwürfe und -wirklichkeiten aus, die nicht in binäre Kategorien von „wir“ und „ihr“ und die völkische Konstruktion von „deutsch“ passen. Da stellt sich doch die Frage: Wie kann eine Migrationsgesellschaft überhaupt anerkannt werden, ohne die doppelte beziehungsweise mehrfache Staatsangehörigkeit anzuerkennen?” Nursemin Sönmez, ndo-Projektleitung im Kompetenznetzwerk Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft

Bündnis Pass(t) uns allen:

Allerweltshaus Köln e.V.

Allmende e. V.

Amaro Drom e.V.

Bayerischer Flüchtlingsrat

BBZ- Beratungszentrum und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrantinnen

Bundes Roma Verband e.V.

Bundesverband russischsprachiger Eltern e.V. (BVRE)

Bundesverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Coach e.V.

DaMOst e.V.

Deutsche Wohnen & Co. enteignen

FraTÖP e.V.

Flüchtlingsrat Berlin e.V.

Flüchtlingsrat Brandenburg

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.

Flüchtlingsrat RLP e.V.

Hessischer Flüchtlingsrat

In-Haus e.V.

Initiative – Nicht ohne uns-14 Prozent

Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V. (ISD)

International Women Space (IWS)

Jugendliche ohne Grenzen

korientation. Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven e.V

Lateinamerikanische Fraueninitiative in Neukölln e.V.

MigLoom e.V.

MigraFem Power & Voice e.V.

MigraNetz Thüringen e.V.

Migrationsrat Berlin e.V.

Netzwerk WIR WÄHLEN

neue deutsche organisationen – das postmigrantische netzwerk e.V.

Pro Asyl e.V.

Refugees with Attitudes

Roma Antidiscrimination Network (RAN)

Roma Center e.V.

Roma-Trial e.V.

RomaniPhen e.V.

Romano Sumnal e.V.

Seebrücke Statefree e.V.

TBB-Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e.V.

Trixiewiz e.V.

Türkische Gemeinde in Deutschland e.V.

Türkische Gemeinde in Hamburg und Umgebung e.V.

With Wings and Roots e.V.

FROM HERE Women in Exile e.V.

Young Voice TGD e.V