Gemeinsame Presseerklärung Flüchtlingsrat RLP, civi kune RLP und AG Flucht und Trauma anlässlich des „Internationalen Tages zur Unterstützung der Folteropfer“ am 26. Juni 2022

Zum Jahrestag der Ratifizierung der Antifolterkonvention der Vereinten Nationen in Genf vor 35 Jahren, am 26. Juni 1987 weisen der Flüchtlingsrat RLP, civi kune RLP und die AG Flucht und Trauma darauf hin, dass nach wie vor Folter in vielen Krisen und Konflikten auf dieser Welt eingesetzt wird. Das muss auch in der Aufnahme von Menschen, die vor diesen Krisen und Konflikten fliehen, berücksichtigt werden.

Tausende Migrant:innen werden auf dem Weg in die EU, z.B. in Libyen in menschenunwürdigen Lagern festgehalten. Dort droht ihnen u.a. Folter, Hunger und Vergewaltigungen und sie werden als Sex- oder Arbeitssklaven ausgebeutet.
Gerade aktuell zeigt sich das auch im Krieg in der Ukraine. Dort wird beispielsweise sexuali-sierte Gewalt als Kriegswaffe gezielt eingesetzt, um die Bevölkerung vor Ort einzuschüchtern. Der Deutschlandfunk berichtet von etwa 400 Meldungen von Fällen sexualisierter Gewalt in den ersten beiden Aprilwochen (https://www.deutschlandfunk.de/ukraine-krieg-sexualisierte-gewalt-100.html).

Pierrette Onangolo vom Flüchtlingsrat RLP berichtet: „Menschen auf der Flucht befinden sich in einer besonders vulnerablen Situation. Diese wird oft ausgenutzt und sexualisierte Gewalt als Mittel der Einschüchterung ist keine Seltenheit. Für uns spielt es dabei keine Rolle, ob sexualisierte Gewalt den formalen Kriterien einer Folter entspricht, es ist Folter.“

Angesichts der aktuellen Aufnahmepraxis in Deutschland, sieht Markus Göpfert – Sprecher der AG Flucht und Trauma – grundsätzliche Schwierigkeiten durch die rechtliche Ungleichbehandlung der hier ankommenden Geflüchteten: „So sehr wir die erleichterten Zugänge für Geflüchtete aus der Ukraine begrüßen: Geflüchtete und andere Migrantinnen, die bereits in Deutschland leben, werden durch die gesetzliche Unterscheidung zu Ukrainerinnen diskriminiert: Die Einstufung in das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) verbietet ihnen die freie Wohnortwahl und der Zugang zum Bildungs- und Arbeitsmarkt ist – je nach Aufenthaltszeit – nur eingeschränkt möglich. Auch der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist für Menschen nach dem AsylbLG stark beschränkt und nur bei akuten Schmerzen unbürokratisch möglich.“

Um eine somit drohende „2-Klassengesellschaft“ unter geflüchteten Menschen zu verhindern, fordern wir den Gesetzgeber dazu auf, eine Angleichung bzw. die Ausweitung der für ukrainische Geflüchtete geltenden Regelungen auf alle Schutzsuchenden vorzunehmen.

Zu den Verfasser:innen:
Flüchtlingsrat RLP: Der Flüchtlingsrat RLP e.V. ist eine Menschenrechtsorganisation, die sich mit Flüchtlingen und Mig-rant:innen solidarisiert und sich für die Rechte von Flüchtlingen und Migrant:innen stark macht. Der Flüchtlingsrat RLP e.V. fordert gleiche Rechte für alle, unabhängig von Herkunft, Religion, Ge-schlecht, sexueller Orientierung, Befähigung, gesellschaftlichem oder wirtschaftlichem Status. Der Flüchtlingsrat RLP e.V. arbeitet überparteilich. Mit Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Gesprä-chen mit der Politik unterstützt er die solidarische Flüchtlingsarbeit im Bundesland.

Civi kune RLP: civi kune = bürgerschaftlich gemeinsam (Esperanto). Das Projekt civi kune RLP tritt für die Interessen Geflüchteter und ehrenamtlich Engagierter in der so-lidarischen Flüchtlingsarbeit in Rheinland-Pfalz ein. Dazu soll die zivilgesellschaftliche Arbeit mit Geflüchteten, die aus einer enormen Vielfalt an Akteur:innen und Unterstützungsstrukturen besteht, gestärkt werden. Gemeinsam mit ehrenamtlich Engagierten und Selbstorganisationen arbeiten wir da-bei für eine inklusive Gesellschaft.

AG Flucht und Trauma: Bei der AG Flucht und Trauma handelt es sich um den Zusammenschluss der insgesamt sechs in Rheinland-Pfalz tätigen Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (PSZ). Die PSZ bieten für geflüchtete Menschen Beratung und Therapie an. Jedoch gibt es seit Jahren in den Zentren einen ungedeckten Versorgungsbedarf, sodass kranke und traumatisierte Menschen oftmals keinen Behand-lungsplatz erhalten können.