Nacht und Nebel Aktion: Abschiebeversuch aus Mainzer Uniklinik mitten in der Nacht

Am 17.10.2018 wurde eine schwangere Iranerin mit insulinpflichtigem Diabetes von zehn bis zwölf Polizist*innen aus der gynäkologischen Station der Mainzer Uniklinik abgeholt. Sie war dort wegen ihres entgleisten Diabetes in der Frühschwangerschaft stationär aufgenommen worden. Kurz vor Mitternacht tauchten die Polizist*innen vor ihrem Bett auf, um sie zum Flughafen Hannover zu bringen mit dem Ziel einer Abschiebung nach Kroatien. Zusammen mit ihr sollten ihr Ehemann, der in Ingelheim in Abschiebehaft war, und ihr einjähriger Sohn Deutschland verlassen.
Die Schwangerschaft einer Diabetikerin ist per se eine Risikoschwangerschaft. Darüber hinaus stellt eine Schwangerschaft im Allgemeinen einen besonders schützenswerten Zustand dar. Es ist die Aufgabe der Politik und der Gesundheitsdienstleister*innen einer Frau einen gesunden Schwangerschaftsverlauf zu ermöglichen. Bei Abweichungen, wie einem Diabetes, muss eine entsprechende Therapie eingeleitet werden. Dies muss unabhängig vom Aufenthaltsstatus der Frau geschehen.
Die beschriebenen Umstände dieser Abschiebungsmaßnahme haben den physischen und psychischen Gesundheitszustand der werdenden Mutter und ihres Ungeborenen erheblich gefährdet.
Wir sind empört, dass es zu einer solchen überfallartigen Szene durch Uniformierte in einem Krankenhaus kam, das doch ein Ort der Hilfe für kranke Menschen ist, an dem sie sich sicher fühlen sollten. Ein solch massives Auftreten ist völlig unverhältnismäßig gegenüber einer im Krankenbett liegenden Frau. Wir verurteilen dieses Verhalten der Beamt*innen sowie deren Vorgesetzten aufs Schärfste und fordern eine Erklärung für ein derart unmenschliches Verhalten.
Menschen gegen ihren Willen aus einem Krankenhaus abzuholen, um sie abzuschieben, setzt sich zudem in eklatanter Weise darüber hinweg, dass die Krankenhausärzt*innen einen stationären Aufenthalt für erforderlich hielten. Inzwischen ist uns bekannt, dass der Abschiebeversuch misslang, der Ehemann ist weiterhin inhaftiert. Die Abschiebung der Familie ist nur verschoben.
Eine nächtliche Abschiebung aus einem Krankenhaus – in dieser Weise veranlasst durch die Ausländerbehörde Mainz Bingen – ist ein Tabubruch, der sich nicht wiederholen darf.

Mit uns empören sich der Flüchtlingsrat Mainz, der Verein Armut und Gesundheit, der Frauennotruf Mainz, der Frauennotruf aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis, der Hebammenlandesverband RLP, der Initiativausschuss für Migrationspolitik RLP, das Medinetz Koblenz, das Medinetz Mainz und die Mainzer ProFamilia, Save Me Mainz und der Verband binationaler Familien und Partnerschaften.

02_11_2018 Offener Brief